
Hallo Ihr Lieben,
ein Freund aus der Heimat möchte wissen: „Hast Du in Vietnam eigentlich noch Spuren vom Vietnamkrieg gefunden“? (Stichwort: Agent Orange) Auf dem Weg zur vietnamesischen Grenze schaue ich nach Hinweisschildern oder Tafeln, nichts ist auszumachen. Der Verlauf des dort vermuteten „Ho Chi Minh-Pfades“ ist heute nicht mehr eindeutig erkennbar, im Grenzbereich soll er verlaufen sein, mal auf laotischer, mal auf vietnamesischer Seite. Zu sehen ist eine bewaldete Hügel-/ Berglandschaft, die Natur zeigt sich hier in sattem Grün. Hinweise auf geschichtliche Ereignisse der Vergangenheit, hier speziell zwischen 1965 und 1968, sind offensichtlich verschwunden.
Andere Auswirkungen sind jedoch bis heute präsent. Noch immer gibt es in allen drei betroffenen Ländern Laos, Vietnam und Kambodscha neue Opfer von Landminen und Streumunition, die damals nicht detoniert sind. Einerseits bei Baggerarbeiten oder in der Landwirtschaft; andererseits jedoch sind es auch Kinder, die betroffen sind. Sie schauen älteren Geschwistern oder Freunden zu, die mit Metalldetektoren nach Minen suchen, um das Altmetall und den noch enthaltenen Sprengstoff zu verkaufen. Irgendwann ziehen sie auf eigene Faust los und kommen beim Entschärfen zu Schaden oder die Dinger fallen beim Transprotieren vom Rad, so schade es auch ist. Um so erstaunlicher ist es, dass man trotz der dunklen Vergangenheit als Ausländer überall willkommen ist. Könnte ja als Mensch mit weißer Hautfarbe auch US-Amerikaner sein, die Offen- und Unvoreingenommenheit der Einheimischen ist schon bemerkenswert.
Im Phong Nha-Ke Bang National Park leg‘ ich den ersten Stop ein. Die Attraktion des Parks sind die Höhlen, ist jedoch bis auf’s Letzte touristisch ausgerichtet, sprich organisiert, nichts ist selbstständig zu unternehmen. Viele Höhlen sind in Privatbesitz und entweder nur per Boot erreichbar oder man ist gezwungen, eine Halbtageskarte incl. Führung und Belustigung (Zip-Line, Bootsfahrt, Schwimmen im See und in der Höhle mit Schlammbad in Nebenkammer) zu kaufen; alles um die 20 Euro. Hab mich für die zweite Variante entschieden, in der Höhle mit Stirnlampe zu Schwimmen fand ich interessant, wollte ich schon länger einmal gemacht haben. Das Schwimmen ist ernüchternd, eher besseres Wadenbaden. Das schönste war die Tage-Radtour zur Höhle und zurück durch die beeindruckende Karstlandschaft des Nationalparks, ein Bewertungskriterium für die Vergabe des UNESCO-Titels.
In der Küstenstadt Da Nang verbringe ich eine Woche, zum zweiten Mal der Tour zum „Volunteering“ im Tipi „Speak English Cafe“. Vorab kurzer Halt in Hue, durch die französische Kolonialarchitektur sehr reizvolle Stadt. Die „Arbeit “ im Cafe beschränkt sich auf drei Stunden täglich und ist im Prinzip eine „Plauderrunde“. Wird Schülern ab 6 Jahren, Jugendlichen und Studenten die Möglichkeit geboten, sich mit Ausländern zu Unterhalten. Die Zeit ist kurzweilig, die Stadt etwas zu groß und betriebsamen, jedoch schön gelegen am Fluss und Meer. Treff‘ mich mit Lee zum Kaffee und zur Fussball-WM, der Australier ist Warmshowers-Gastgeber und Englischlehrer, lebt seit 15 Jahren in Vietnam.
Die letzte Station auf dem dreiwöchigen Kurzbesuch in Vietnam ist Hoi An, laut Wiki „ruhige Gemeinschaft oder friedvoller Versammlungsort“, war in einst der größte Hafen in Südostasien, auf der Seeroute der Seidenstrasse gelegen. Im 16. und 17. Jahrhundert siedelten sich zahlreiche Händlerfamilien aus China und Japan, entsprechend gibt es architektonisch eine Mischung aus einheimischen und fremden Einflüssen, offensichtlich im Stil südchinesischer Kleinstädte. Die Altstadt wurde 1999 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, gilt als gut erhaltenes Beispiel eines südostasiatischen Handelshafens. Wenn man die Besuchermassen ignoriert, die sich tagtäglich durch die Gassen bewegen, eine malerische Kulisse.
Letztendlich viel zu kurz die Zeit im Land des noch heute allerorts verehrten vietnamesischen Revolutionärs „Onkel Ho“. Zitat eines jungen Vietnamesen: „Er hat uns von den Franzosen und Amerikanern befreit“. Dennoch bleibt ein beeindruckender Einblick in die Kultur, Natur und Lebensweise der Sozialistischen Republik.
Mit allerbesten Grüßen, Mark
- Der monströse Grenzübergang nach Vietnam ist für meine Begriffe überdimensioniert. Auf der Nebenroute ist kaum etwas los.
- Erster längerer Stop: Phong Nha-Ke Bang National Park. Ab hier kann man mit dem Boot zur Phong Nha Höhle aufbrechen. Sehr touristische Attraktion für 20 Euro.
- Schautafel im Botanischen Garten des Nationalparks: Bin von den fröhlichen Gesichtern überrascht.
- Weiter Richtung Osten geht es erstmal nur schwimmend oder mit dem Boot.
- Auf beschaulichen Wegen an unzähligen Kanälen Richtung Hue.
- Thanh Toan Brücke aus dem 18. Jahrhundert vor den Toren von Hue.
- Passhöhe mit Blick auf Da Nang. Das aufziehende Gewitter erwischt mich übrigens bei der Talfahrt voll. Zwangspause inclusive.
- Die jüngsten Besucher im Tipi „Speak English Cafe“, Schulklasse mit Englischleherinnen.
- Der historische Handelshafen von … . Na, wer erkennt’s 🙂
- Cafe in der betriebsamen Innenstadt.
- Die „japanische Brücke“ aus dem 16. Jahrhundert verbindet das japanische und chinesische Stadtviertel.
- Dieser lustige Herr ist Maler und bekennender Fan eines bekannten deutschen Musikduos.
- Als er stolz erzählt, dass er Faust gelesen hat, haut es mich fast aus den Socken.
- Klasse Projekt einer NGO zur Unterstützung der Landbewohner. Auch Bambusfahrräder sind im Angebot.
- Friedhöfe sind scheinbar wahllos auf grünen Wiesen angelegt.
- Dorfgemeinschaftshaus auf dem Weg zurück nach Laos. Innen klettern Kinder affenartig im hohen Dachstuhl rum.
- Es gibt nur dieses Einheitsschild, um Steigungen anzukündigen. Zum Glück waren es oftmals keine 10 %. Kurz von der laotischen Grenze.