Zum Titelbild: Skyline von Panama City bei einer Tour zur Altstadt. Bis auf 3 km Radweg am Meer entlang ist die Stadt überhaupt nix für Radfahrer!
Cuenca, 19.10.25:
Hallo ihr Lieben,
nun sind endlich die Fotos der Kajak-Tour online; zusätzlich vier Videos und darunter der Bericht.
Viel Freude beim anschauen.
Liebe Grüße, Mark































_
Das erste Video ist aufgenommen von Karin, sie ist mit Mark aus Südafrika per Segelboot unterwegs, sie sind gerade im Begriff aufzubrechen, ich fahr kurz 500 m zur wohnten Nachbarinsel.
_
_
_
_
Log vom 13.12.2024:
Hallo Ihr Lieben,
für alle, die über Land von Nord- nach Südamerika oder umgekehrt unterwegs sind , stellt sich bald die Frage: Wie von Panama nach Kolumbien kommen? Im letzten Abschnitt, dem „Darién Gap“, gibt es keine Straße und keine Wege, die befahrbar sind. Nur zu Fuß ist der Abschnitt durch den Dschungel machbar. Auch für den größten Teil der jährlich 500.000 Menschen, die sich in den USA ein besseres Leben vorstellen. Nicht nur aus Südamerika, sondern z.B. auch aus Indien, Bangladesch und China. Niemand von ihnen bekommt vermutlich offiziell ein Visum für die zentralamerikanischen Länder, daher geht nur die illegale Einreise. Bevorzuge von Anfang an den Seeweg auf der karibischen Seite, gerade auch um das Inselarchipel von San Blas zu erleben. Die gängigen Optionen sind Segelboote, sowohl kommerzielle Anbieter als auch “ Hand gegen Koje“, sowie kleinere Motorboote. Die Fähre „Stahlratte“, von ein paar Deutschen betrieben, ist schon seit Jahren eingestellt. Irgendwann gibt es in der WhatsApp Gruppe „Cycling the Americas“ mit 450 Leuten einen kurzen Beitrag vom Radreisenden Zech Bray aus Kanada, er ist gerade mit Kumpel Kacper aus Polen nach Kolumbien gepaddelt. Sofort kommt der Gedanke: Was für eine großartige Idee, möchte ich auch machen.
— Zum Glück hat Diego vom Paddeladen in Panama City ein gebrauchtes Seekajak zu verkaufen: Prijon Seatron GT für $ 800, Neupreis $ 2.000; tatsächlich auch noch von einem deutschen Hersteller. Der US-Dollar ist übrigens offizielle Währung in Panama, wie vorab schon in Belize und später noch in Ecuador. Die Vorbereitung der Tour zieht sich hin, ist sehr aufwendig in Panama City Sachen zu beschaffen. Das Rad auf’s Kajak zu packen ist keine gute Idee, Treffe „just in time“ zwei junge Deutsche aus Bochum bei der Overland Embassy, die am folgenden Tag ihren Land Rover Defender nach Cartagena/Kolumbien verschiffen lassen; sie nehmen nach kurzen Gedankenaustausch unkompliziert das Fahrrad mit und geben es bei Wormshowers-Gastgeber Deimer ab, der es auf prompte Anfrage dankenswerterweise sofort einwilligt, es aufzubewahrten bis zur Ankunft🙏 Ist übrigens ein Tipp von Zach, er ist grossartig, mittlerweile ein guter Freund und gerade in Argentinien Richtung Feuerland unterwegs.
Panama City gefällt mir übrigens, so wie ich sie erlebe, von allen Hauptstädten bisher am wenigsten. Es gibt ein paar Highlights, z. B. die kleine Altstadt, der Hausberg und 2 km Küstenlinie mit Promenade und kleinen Parks. Ein besonders Erlebnis ist hingegen den Panama-Kanal per Rad, Bahnauflug im Panoramawagon nach Colón und Schleusenbesuch mit passierenem Containerschiff und Kanal-Museumsbesuch hautnah zu erleben. Ansonsten ist die Stadt als Radfahrer oder Fußgänger nichts weiter als ein großer Moloch. Leben kann man ansich nur in der Altstadt oder in Vororten. Anfangs werden spezielle Ausrüstungsachen und Lebensmittel für die Tour, wie z.B Datteln als perfekte Energiequelle für Zwischendurch, noch per Fahrrad besorgt, dann nur noch Uber-Taxi gefahren. Die Abgase und der Verkehr mit entsprechender Geräuschkulisse von Bussen, LKW und Motorrädern ist Wahnsinn. Als der Tag der Abreise näher kommt, bietet ein Freund von Diego für $100 einen Transfer auf dem Dachgepäckträger nach Portobelo an, Weltkulturerbe-Stadt an der Pazifikküste. Per Bus mit dem Kajak, in Guatemala z. B. noch gut vorstellbar, ist es letztendlich nicht machbar, wäre jedoch schon nach meinem Geschmack gewesen😘
Als es dann endlich wieder viel Natur rundherum gibt und dazu noch die Stille auf See, ist die nicht schöne Vorbereitungszeit schnell vergessen und stellt sich zudem noch ziemlich schnell raus, dass auch das Paddeln riesen Laune macht. Schlafplätze sind einfach gefunden, anfangs zweimal in der Marina, dann nur noch bei Einheimischen in den Dörfern entlang der Küste und später auf den Inseln, die teilweise nur von einer Familie bewohnt sind. Am Anfang gibt es kaum Wellengang, dann zunehmend mehr und eine Pause von zwei Tagen ist erforderlich, bis sich das Meer beruhigt. 1 m Wellengang ist nun die Grenze, es geht dann zwei Meter hoch und wieder runter. Bei Perioden von 7 bis 8 Sekunden ist das jedoch noch entspannt machbar. Bei mehr Wellengang geht’s nicht mehr auf’s Wasser. Alle See- und Wetterdaten sind wunderbar auf „Windy“ verfügbar, ist auch DIE Informationsquelle der Segler. Zusätzlich stellen Segler kurz nach der Abfahrt Seekarten zur Verfügung.
Nach nur 5 Tagesetappen ist das Gebiet der Guna Yala erreicht. Guna Yala ist gleichzeitig ein „Bundesland“ von Panama, das einen semi-unabhängigen Status hat. Der indigene Volksstamm hat sich vor etwa 200 Jahren hier angesiedelt, als die Lebensbedingungen im Darién-Djungel nicht mehr gepasst haben. Ihr Land erstreckt sich auf einem Küstenstreifen von ca. 250 km (nur Carti hat eine Strassenanbindung) und einem Inselarchipel von 365 einzelnen Inseln, die meisten davon liegen nur ca. 1 m über dem türkisen karibischen Meer. Es gibt hier keinen Massentourismus, gibt nur wenige, meist sehr einfache Unterkünfte, jedoch noch nicht einmal Panamaerinnen und Panamaer dürfen hier Land bzw. Häuser besitzen. Touristen werden von Carti aus auf kleinen Motorbooten für Tages- oder mehr Tagestouren auf die Inseln gebracht. Charter-Segelboote sind übrigens erst seit 9 Monaten erlaubt. Wer dieses paradiesartige Inselarchipel wie jetzt noch unverändert wie seit 200 Jahren besuchen möchte, sollte nicht zu lange warten. Ein Segler aus Südafrika, der das Gebiet seit mehr als 15 Jahre kennt, meint, es wäre nur noch eine Frage der Zeit, bis Investoren Hotels eröffnen dürfen.
Wie bei allen indigen Menschen, zu denen ich bisher wunderbaren Kontakt hatte, z.B. Sherpa, Aborigine (hier fehlt tatsächlich kein „s“ am Ende, wie mir vor Ort damals mal gesagt wird) und Maori, sind auch die Menschen der Kuna Yala sehr offen und gastfreundlich. Das kommt natürlich jemandem sehr zugute, der mit dem Kajak unterwegs ist und gerne im eigentlichen Zelt übernachtet. Gleich auf der ersten Insel Nalunega, treffe ich Places. Er betreibt hier den Dorfladen und einige Motorboote. Den Kontakt hat Andrew vermittelt, der hier schon vorher gepaddelt ist. Places bietet ein traditionelles Haus aus naturbelassenen Hölzern an, das mit Palmblättern gedeckt ist. Wird an sich als Trockenraum für die Wäsche genutzt. Es baut sich an dem Tag schon recht starker Wind auf, der für die nächsten 7 Tage anhält. Das gesamte Gebiet der Inseln ist mehr oder weniger von einem außenliegenden Korallenriff abgestimmt, daher gibt es hier kein Wellengang, nur die Windwellen lassen diesmal eine Weiterfahrt nicht zu. So ergibt sich die klasse Möglichkeit, das Dorfleben authentisch zu erleben. Die Kuna sind sehr akiv, es gibt am 2. Tag ein Dorffest in traditioneller Kleidung mit Tanz zur Feier der Panama-Unabhängigkeit von Kolumbien, an anderen Tagen ein Volleyball- und Basketballturnier, darüber hinaus ist eigentlich immer etwas los in der kinerreichen Dorfgemeinschaft, Fernseher gibt es nicht, vereinzelt sieht man Leute mit Smartphone. Gibt übrigens nur Solarstrom, Places stellt jedoch für drei Stunden am Abend einen Generator an, da sein Strombedarf wohl recht hoch ist.
Männer ziehen übrigens nach der Heirat zur Familie der Frau, sie bleibt Eigentümerin von Haus und Grund. Hingegen regieren Männer die hierarchisch strukturierte Volksgruppe.
https://www.bbc.com/travel/article/20180813-guna-yala-the-islands-where-women-make-the-rules
Der letztendliche Abschied von Places, seiner sehr herzlichen Familie und der Dorfgemeinschaft fällt nicht leicht.
Weiter geht es in drei Tages-Etappen durch das Inselarchipel, meist bei wenig Wind über Korallenriffe, auf denen die Wassertiefe hin und wieder nur 30 cm beträgt. Einmal höre ich es hinten kurz neben dem Kajak platschen, sehe beim umdrehen noch, wie großer Rochen vorbeizieht, der vorab offensichtlich kurz gesprungen ist. Grandios. Hier ein Bild aus dem Netz:

Vereinzelt sind kleine und größere Fische und zweimal in etwas Entfernung Delfine zu sehen. An sich gibt es auch Meeresschildkröten, es ist jedoch gerade keine Brutzeit, daher sind sie vermutlich gerade irgendwo anders unterwegs. Es gibt auch recht ungefährliche Krokodile, die jedoch nur zur Nachtzeit aktiv sind, und sich tagsüber in den Flüssen aufhalten, man sollte bei Dunkelheit besser nicht ins Wasser gehen. Ein Kajak ist jedoch zu groß für sie, da könnte man selbst hier in der Nacht über einen Fluss oder entlang einer Mündung paddeln. Am Tage also alles im sattgrünen Bereich. Übernachte in diesem Abschnitt wie auch im folgenden bei Einheimischen, mag jedoch auch zwischendurch den Kontakt zu den internationalen Seglern. Zelte für drei Nächte auf der östlichsten Insel, Morodub oder Turtle-Island, wohl eine der schönsten kleinen Inseln der Gruppe, von nur einem Ehepaar und einem Helfer bewohnt, der jeden Morgen den weißen Sandstrand mit dem Rechen schön macht für die wenigen Touristenboote, die hier zwischen 10 und 16 Uhr vorbeikommen zum Picknick und Baden. Es ergibt sich enger Kontakt zu den Seglern, die hier vor der Insel ankern; an einem Abend rege ich ein Abendessen an und sie organisierten ein Potluck mit 10 Leuten auf der Insel, wo jeder etwas vorbereitet für das gemeinsames Essen. Auch jetzt fällt der Abschied wieder schwer.
Von hier geht es sehr erschwerliche 20 km in zwei Tagen zurück zur Küstenlinie bei Gegenwind und kleinen Windwellen. Auch auf den folgenden 8 Tagesetappen bis zur Grenze nach Kolumbien treffe ich überall auf herzliche und gastfreundliche Guna. Es ist tatsächlich der bisher intensivste Kontakt zu Einheimischen der letzten acht Jahre überhaupt. Am Ende des BBC-Artikels steht ein wunderschönes Fazit, das nicht besser meine Erlebnisse zusammenfassen könnte:
„Als Lisa unser Segelboot abstößt und ihr kleines Kanu im schimmernden blauen Meer schaukelt, muss ich unweigerlich daran denken, dass Guna Yala wie eine wundervoll alternative Welt des Friedens, der Toleranz und des Verständnisses wirkt – und dass wir von dieser winzigen Archipelgemeinde in der Karibik eine Menge lernen könnten.“
Übrigens ist auf einem Bild die Revolutionsflagge von 1925 der Kuna hinten auf dem Kajak zu sehen. In dem Jahr gab es eine erfolgreiche Revolution gegen die Unterdrückung der Panama- Regierung. Sie durften ihre selbstgeferigte Mola-Kleidung nicht mehr tragen, Traditionen nicht mehr leben und ihre indigene Sprache nicht mehr sprechen, da wurden sie natürlich bockig. Das Kreuz in der Mitte ist identisch mit dem Swastika-Symbol, vor ca. 5.000 Jahre entstanden.


Mittlerweile verstehen Sie sich mit der Regierung in Panama City recht gut.
Hier noch zwei weiterführende Links falls das Interesse geweckt ist😊
https://de.wikipedia.org/wiki/Guna_Yala
https://youtu.be/Zs5_SthF4iU?si=QhGC6xJ7h84jVgvp
Einige “ Best of Panama“-Bilder folgen oder sind jetzt schon auf der Weltkarte hochgeladen.
Zurück zur Paddeltour : In Puerto Obaldía angekommen, dem Panama-Grenzort, kümmer ich mich erstmal um den Zeh, übersehe beim Barfußlaufen einen flachen Stein. In der Zwischenzeit wird das Meer rauer der Wellengang steigt über die Grenze von einem Meter an. Fahre daher per Motorboot mit ein paar anderen Fahrgästen 30 Minuten um das Kap nach Kolumbien. Das Kajak liegt längs über die Sitzreihen. In Capurgana ist der Wellengang endlich hoch so nehme ich ein weiteres Schnellboot nach Necocli. Das Kajak geht per Frachtschiff nach Turbo, hole es morgen ab. Das Paddeln macht riesen Laune, bin daher motiviert bis Cartagena zum Rad entlang der Küste weiter zu fahren, soweit ist die Bedingungen zulassen. Dort lässt sich auch am besten das Kajak verkaufen. Plan B wäre, es oben auf einen Bus zu packen die dort längs fahren. Es wird sich ergeben😊
Herzlichen Dank fur’s durchhalten bis zum Ende des diesmal etwas längeren Beitrags.
Wünsche euch eine schöne Vorweihnachtsz
Log vom 18.8.24:
Hallo Ihr Lieben,
ob nun Janosch mit seinem Kinderbuch-Titel richtig liegt, bleibt dahingestellt. Zumindest auf dem Papier gibt es gerade mal eine Handvoll Highlights und zum Radfahren hat Panama nicht gar so viel zu bieten. Mit nur 4 Millionen Menschen ist das Land recht dünn besiedelt und weitgehende Teile nicht zugänglich; im Süden verläuft auf Panama City zu nur die Panamericana. Die Idee ist, jetzt von der Karibik aus erstmal hoch nach Boquete zufahren. Der kühl gelegene, beschauliche Ort mit Bergpanorama lädt ein zur Wandern. Hinter Santiago läßt sich noch eine Schleife zum Pazifik einbauen, bevor es in die Hauptstadt geht.
Das Land ist vor allem durch seine sympathisch-indigenen Menschen bekannt. Ausgehend von ihrer Revolution 1925 vom Staat anerkannt, lebt im Nordosten auf den San Blas Inseln und entlang der Küste der Volksstamm der Guna Yala. Ihre Kultur und Bräuche sind dadurch gewahrt geblieben und werden gelebt, wohingegen einige Kinder auch nach Panama City zum Studieren gehen.

Da es im letzten Abschnitt zwischen Panama und Kolumbien für 80 km keine Straße und nur Dschungel gibt (Darién Gap), bleibt nur der Seeweg oder fliegen. Einige Radfahrer vorab sind durch das Inselparadies der Kuna Yala ca. einen Monat nach Kolumbien gepaddelt und hatten auch gerade wegen der sehr herzlichen und gastfreundlichen Menschen eine grandiose Zeit. Es besteht die Möglichkeit, das Fahrrad jemandem mitzugeben, der seinen Camper nach Cartagena (Kolumbien) verschifft. Mal schauen, wie sich die Dinge entwickeln. Zunächst wird erstmal das Land per Rad erkundet.
Bericht von Kumpel Matt, treffen uns letztendlich in Medellín:
https://tastesandtides.com/the-darien-gap-finding-friends-at-sea/
Bis dahin Euch einen schönen Sommer,
Liebe Grüße, Mark